Reform der Sicherheitsbehörden Eine "Super"-Polizei für den Bund?
09.12.2010, 16:49 UhrSind die Polizeibehörden in Deutschland richtig aufgestellt? Eine Kommission hat dies für den Bund untersucht. Im Kern schlägt sie jetzt vor, Bundespolizei und Bundeskriminalamt unter einem Dach zusammenfassen. Dagegen formiert sich deutlicher Widerstand.

Wegen einer erhöhten Gefahr von Terroranschlägen wurden bundesweit die Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen und Bahnhöfen verstärkt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Für den Bürger mag es fast schon kurios klingen: Derzeit sind sowohl Beamte der Bundespolizei als auch des Zolls an den deutschen Grenzen und an Flughäfen unterwegs. Alle sind durchaus sehr beschäftigt - aber allzu oft arbeiten sie nebeneinander her. So weiß eine Streifenwagenbesatzung oft nicht, wo die andere ist. Ein weiteres Beispiel: Kapern Piraten ein deutsches Schiff vor Afrika, werden sowohl Bundespolizei als auch Bundeskriminalamt (BKA) eingeschaltet.
Schon allein aus finanziellen Gründen kann sich Deutschland solche Fehlentwicklungen und Doppelzuständigkeiten nicht mehr leisten. Hinzu kommt jetzt die besondere Gefahr durch islamistische Terroristen. Eine Kommission hat am Donnerstag Vorschläge für die Polizeien des Bundes auf den Tisch gelegt. Das BKA könnte dabei unter dem Dach einer noch neu zu schaffenden Bundesbehörde mit der Bundespolizei zusammengehen. Kritiker laufen bereits Sturm gegen solche Pläne.
Innenminister für schnelle Reform

Innenminister Thomas de Maizière erwägt die Zusammenlegung von Bundespolizei und Bundeskriminalamt zu einer Behörde.
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Doch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) findet die Empfehlungen der von ihm eingesetzten Kommission gut. "Aus den Polizeien des Bundes eine Polizei des Bundes zu machen, finde ich überzeugend, bedenkenswert und verfolgenswert." Der Minister will eine Reform - wenn denn die Entscheidung steht - schnell umsetzen.
In der Geschichte der Bundesrepublik sind die Strukturen der Sicherheitsbehörden mehr gewachsen als konkret geplant worden. Aufgaben veränderten sich oder fielen weg - so an den deutschen Grenzen mit der Schaffung des EU-Binnenraumes. Teilweise fingen die Bundespolizeien auch Aufgaben der Landespolizeien auf, wie die Kommission feststellt: "Seit Jahren ist ein weiterer Aufwuchs an Aufgaben der Sonderpolizeien des Bundes zu Lasten der (generell zuständigen) Länderpolizeien festzustellen." Die Bundespolizei habe dabei teilweise den Stellenabbau einiger Länder ausgeglichen.
Ob Zoll, Bundespolizei, BKA oder Polizei in den Ländern: Jede Behörde tendiert dazu, ihr eigene Süppchen zu kochen. "Die Zusammenarbeit zwischen Bundeskriminalamt, Bundespolizei und den kriminalpolizeilichen Teilen der Zollverwaltung ist nicht nur in Einzelfällen verbesserungsbedürftig", bemängelt die Kommission. Mitunter entstehe sogar der Eindruck, dass die drei Bundesbehörden enger mit den Landespolizeien zusammenarbeiteten als untereinander. Darunter leide insbesondere die Arbeit des BKA, das eigentlich die Zentralstelle für kriminalpolizeiliche Themen ist.
Kritikpunkte

Der Vorsitzende der Werthebach-Kommission Eckart Werthebach betont, dass es - sollte der Vorschlag realisiert werden - kein deutsches FBI geben werde.
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Doch es hagelt bereits Kritik an den Reformvorschlägen. Zum einen sollen die polizeilichen Teile des Zolls nicht zur neuen Super-Bundespolizei gehören. Eine Veränderung würde wohl schon allein am Widerstand des Bundesfinanzministeriums scheitern. Die gleiche Diskussion gibt es beim Thema Luftsicherheit. Am Mittwoch hatte ein Arbeitsstab der Bundesregierung vorgeschlagen, der Bundespolizei hier mehr Kompetenzen zu geben. Aber auch der Zoll und das beim Verkehrsministerium angesiedelte Luftfahrtbundesamt sollen mit im Boot bleiben. De Maizière bezeichnet dies als "guten Kompromiss" - für andere ist so eine Lösung einfach nur halbherzig.
Zweiter Kritikpunkt: Die Behörden haben schon einige Reformen erlebt - die Bundespolizei, der frühere Bundesgrenzschutz, hat die letzte Neuorganisation gerade erst hinter sich. Gewerkschaften kritisieren, dass die Bundespolizei in 20 Jahren drei Reformen erlebt hat. Die Polizisten müssten nun mal zur Ruhe kommen. Große Kritik gibt es zudem daran, gerade jetzt eine Neuaufstellung anzugehen. "Es ist falsch, bei akuten Terrordrohungen eine Diskussion über den Umbau der Sicherheitsarchitektur anzufangen", meint der SPD-Politiker Thomas Oppermann. "Das trägt Unruhe in den Apparat, wo wir uns auf den Schutz vor dem Terror konzentrieren sollten."
Besonders scharfer Wind weht de Maizière aus Bayern entgegen. Die CSU hatte es dem als gemäßigt geltenden Bundesinnenminister in den vergangenen Monaten wiederholt nicht leicht gemacht. Jetzt wettert Bayerns Innenminister Joachim Herrmann wenige Stunden nach der Veröffentlichung der Vorschläge: "Ich lehne eine Zusammenlegung von Bundespolizei und BKA strikt ab." Eine Stärkung der Polizei im Kampf gegen den Terror würde eine Verschmelzung seiner Ansicht nach nicht bedeuten. "Wenn man einen Metzger und einen Bäcker zusammenlegt, heißt das noch lange nicht, dass dann die Wurstbrote besser werden."
Quelle: ntv.de, Bettina Grachtrup, dpa